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'Poologie':
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InhaltVorbemerkungBegriffliches Historisches Architektonisches Schrankentechnisches Betriebliches Quellen |
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Posten A in Eilenstedt, 1987 Bildautor: Rainer Güttler |
Die Poologie soll erzählen von der Entstehungsgeschichte des Schrankenpostens, von seiner Funktion, seinen Bauformen, seiner Technik, seinen Betriebsabläufen und von den Menschen, die hier ihren Dienst taten und tun.
Die Poologie ist fortlaufend in Arbeit. Anregungen, Hinweise und Verbesserungsvorschläge werden dankbar aufgenommen.
Die einzelnen Kapitel sind inhaltlich eng verzahnt. Wiederholungen sind daher unvermeidlich. Auch werden zum besseren Verständnis über das engere Thema Schrankenposten hinaus Bezüge zu benachbarten Themen hergestellt.
Der Begriff Schranke wurde bereits vor dem 14. Jh. im Mittelhochdeutschen geprägt und bedeutete Absperrung, Gitter. Die Brockhaus-Enzyklopädie beschreibt Schranken als Vorrichtung zum Sperren von (Verkehrs-) Wegen, [...] insbesondere zur Sicherung von Bahnübergängen.
Das Wort Posten ist dem italienischen posta: festgesetzt entlehnt und wird seit dem 18. Jh. aus der Bedeutung festgesetzter Standort für militärische Wachen verwendet. Nach Brockhaus ist ein Posten eine Stelle, die jemandem (bes. einer Wache) zugewiesen wurde und die er für eine bestimmte Zeit nicht verlassen darf. Im Eisenbahnwesen spiegelt sich die Bewachungsfunktion vor allem noch im Begriff des Sicherungspostens [ 1 ] wieder, der bei Arbeiten an der Strecke vor dem Zugverkehr warnt.
Der Begriff ‚Schrankenposten' als Zusammenziehung der beiden Teilbegriffe Schranke und Posten ist in den einschlägigen Lehr- und Regelwerken des deutschen Eisenbahnwesens nicht explizit definiert. Im folgenden soll unter ‚Schrankenposten' eine Betriebsstelle der Eisenbahn verstanden werden, an der ein Schrankenwärter (bzw. eine Schrankenwärterin) betrieblich einzig und allein die Aufgabe hat, Bahnübergänge (= niveaugleiche Kreuzungen von Eisenbahnen mit anderen Verkehrswegen) zu sichern und zu überwachen. Betriebsstellen, an denen auch Weichen und Signale bedient werden, sind also keine Schrankenposten; dagegen können an Schrankenposten aber durchaus auch verkehrliche Aufgaben wie etwa der Verkauf von Fahrkarten wahrgenommen werden.
Die Geschichte des Schrankenpostens in seiner heutigen Form geht zurück auf die Bahnwärterposten aus der Anfangszeit der Eisenbahn. Neben vielen technischen und baulichen Problemen waren bei den neuen Eisenbahnstrecken in der ersten Hälfte des 19. Jh. unter anderem zwei betriebliche Aufgaben zu lösen: die Kommunikation zwischen den Stationen und die Bewachung der Bahn. Man löste diese Aufgaben, indem man entlang der Strecke in kurzen Abständen Bahnwärter aufstellte.
Die Bahnwärter bildeten den Kommunikationsweg zwischen den Bahnhöfen, indem sie einander zunächst akustische, später optische Signale weitergaben. Die akustischen Signale wurden mit Hörnern gegeben. Eine bestimmte Folge von Horntönen hatte eine bestimmte Bedeutung (z.B. 'Zug kommt von A'), ähnlich wie auch heute noch bei Rangiersignalen. Die akustischen Signale hatten den Nachteil, dass sie von den benachbarten Posten bei störenden Umfeldgeräuschen nur unvollständig oder überhaupt nicht wahrgenommen wurden. Man ging daher bald zum ausschließlichen Gebrauch optischer Signale über.
Einen typischen Bahnwärterposten aus der Anfangszeit der Eisenbahn zeigt dieser Stich des Nürnberger Künstlers Rohbock aus dem Jahr 1850: Ein Korbsignal dient der Weitergabe von Zugmeldungen und ein Schildhaus schützt den Wärter vor Regen und Sonne. Mit der Bewachung des Tunnels kommt dem Bahnwärter eine ganz besondere Verantwortung zu. Aus: Kubinsky 1990 |
Für die optische Kommunikation wurden Flaggen, sogenannte Korbsignale (farbige Körbe oder Ballons, die an Masten hochgezogen wurden) oder Flügelsignale ähnlich den heute noch verwendeten Hauptsignalen verwendet.Bei Nacht kamen Laternen mit farbigen Blenden zum Einsatz.
Neben der Kommunikation von Posten zu Posten gab es auch Kommunikation zwischen Posten und Zug. So signalisierte der Bahnwärter dem Zug das Freisein des folgenden Streckenabschnitts und umgekehrt wurden dem Wärter mit Flaggen-, Scheiben- oder Laternensignalen am Zug Informationen zur Zugfolge gegeben (z.B. 'Sonderzug folgt nach', als Signal 17 der Kleinbahn-Signalordnung [ 2 ] noch bis 1950 gültig!).
Außer der Aufnahme und Abgabe von Signalen mussten die Bahnwärter einen ihnen zugeteilten Streckenabschnitt bewachen und kontrollieren. Diese Aufgabe hatte verschiedene Hintergründe.
Zum einen waren Eisenbahnen in der Anfangszeit ein gänzlich neues Phänomen der Raumnutzung, und zwar nicht nur, wie in der Literatur vielfach erwähnt, für die Eisenbahnreisenden, sondern durch ihren landschaftszerschneidenden Charakter sowie als linienförmiges Privateigentum auch für die Anlieger. Man glaubte aus diesem Grund die Bahn in voller Länge gegen unbefugte Benutzung oder Eingriffe von außen bewachen zu müssen.
Zum zweiten war in den ersten Jahren das Vertrauen in den Oberbau und die Ingenieurbauwerke gering, da keine Erfahrungen mit derart hohen Lasten, wie Eisenbahnzüge sie verursachen, bestanden. Auch waren für Brücken, Dämme und Tunnels zum Teil vollkommen neue Bauweisen zum Einsatz gekommen, deren Bewährung sich erst erweisen musste. Die Bahnwärter mussten daher regelmäßig ihre Strecke begehen und auf Schäden untersuchen. Noch die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung von 1905 fordert pro Tag für Hauptbahnen drei und für Nebenbahnen einen Kontrollgang [ 3 ].
Zum dritten mussten natürlich die Wegekreuzungen bewacht werden, um Unfälle zwischen Zügen und Fuhrwerken, Reitern, Fußgängern oder Viehherden zu vermeiden.
Lageplan von Posten mit Sichtverbindung untereinander an der Leipzig-Dresdner Eisenbahn. Aus: Borchert 1989 |
All diese Anforderungen bestimmten gemeinsam die Lage der Bahnwärterposten: Die Entfernung der Posten untereinander ergab sich aus der maximalen Entfernung, über die eine sichere Übermittlung akustischer oder optischer Signale möglich war. Auf gerader Strecke wurden hierfür zum Beispiel bei der Main-Neckar-Bahn 1500 m angesetzt [ 4 ], an kurvigen Strecken mit schlechten Sichtverhältnissen konnten die Entfernungen aber auch deutlich darunter liegen (siehe Bild rechts).
Die genaue Position der Bahnwärterposten wurde zum einen durch die Sichtverhältnisse bestimmt, zum anderen durch die vorhandenen Bahnanlagen. So wurden Posten bevorzugt an größeren Ingenieurbauwerken wie Brücken und Tunnel oder an Wegeübergängen eingerichtet. Aus letzteren sollten sich später die Schrankenposten im engeren Sinn entwickeln.
In der Literatur finden sich Hinweise darauf, dass nicht nur versucht wurde, die Wärterposten an Wegeübegängen anzulegen, sondern umgekehrt beim Bau der Bahn auch angestrebt wurde, nur dort Wegeübergänge vorzusehen, wo für die Signalübermittlung ohnehin ein Bahnwärter erforderlich war. Hier hat vermutlich bei der Bahnplanung eine wechselseitige Annäherung stattgefunden.
Die Topographie, die Besiedlungsstruktur mit dichtem Wegenetz und eine Trassierungsphilosophie, die Erdbewegungen und Kunstbauten weitgehend vermeiden wollte, brachten es mit sich, dass in Deutschland vergleichsweise viele Bahnübergänge eingerichtet (und anschließend bewacht) werden mussten. So betrug 1870 der durchschnittliche Abstand zwischen zwei Bahnübergängen in Deutschland 625 m, in Österreich 833, in England aber 4000 m! [ 5 ] Entsprechend viele Wärterposten mussten eingerichtet werden.
Für die Bahnwärter an ihrem Posten wurden in vielen Fällen nur Unterstände gebaut. Abbildungen aus dem 19. Jahrhundert zeigen Schildhäuschen, wie sie vor allem im militärischen Bereich in Gebrauch waren [ 6 ]. Befand sich der Bahnwärterposten in größerer Entfernung von der nächsten Siedlung - bei der Main-Neckar-Bahn beispielsweise lag die Grenze bei 1/4 Wegstunde [ 7 ] - so wurde ein Haus für den Bahnwärter und seine Familie errichtet. Auf die Lebensverhältnisse der Schrankenwärter wird im Abschnitt Menschliches näher eingegangen.
MenschlichesHier wird zu berichten sein vom Leben der Schrankenwärter und ihrer Familien, von Kartoffeläckern entlang der Bahnstrecke, von der Rezeption des Schrankenwärterdaseins in Kunst, Literatur und Tagespresse und vom unguten Gefühl des Schrankenwärters, wenn die Projektingenieure von Scheidt&Bachmann grußlos am Posten auftauchen …
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Schrankenwärteridyll Aus: Preuß 2000 |
Hier ist zu erwarten: ein bebilderter Streifzug durch die Architekturgeschichte vom KPEV-Einheitstyp bis zum Posten gewordenen Nierentisch, vom Anbau am Empfangsgebäude bis zum Aufenthaltscontainer, vom Läutewerk bis zum Dixiklo ...
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Ein Kleinod aus den 50er Jahren: Posten 279 in Wrexen Bild: Frank Müller |
BetrieblichesHier wird zu berichten sein von Nah- und Fernschranken, von Bedarfs- und Anrufschranken, von Läutewerken und Anrückmeldern, von Frankfurter und Leipziger Verfahren, von Vor- und Rückläutewerken, von der DV 456 und der DS 814 und von allen andern Dingen, die den Betrieb am Schrankenposten so abwechslungsreich machen.
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Titelblatt der 'Aufschreibungen über den Zugverkehr' an Posten 39 bei Bickenbach. |
Hier ist eine ausführliche Darstellung der Schrankentechnik und ihrer Geschichte in Vorbereitung. Ein kurzer Geschichtsüberblick in Stichworten:
Einen Einblick in die Vielfalt mechanischer Altbauformen von Schranken gibt im Vorgriff auf das Kapitel Technik der bebilderte Fragebogen.
[ 1 ] Interessanterweise ist hier die Bezeichnung des Ortes übergegangen auf die Person, welche an dem Ort Wache hält