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Frankenthal - Drahtzug und zurückWenn Verena, Ella und ich meine Eltern besuchen, wird es leicht etwas langweilig. Also beschlossen wir vergangenen Sonntag, zu fünft einen Familienausflug ins Leininger Tal zu machen. Los gings in Frankenthal um 9:05 Uhr, der graffitierte 628 273 sollte uns nach Grünstadt bringen. Nach fünf Jahen fahre ich zum ersten Mal diese Strecke, meine Strecke, die Strecke an der ich Eisanbahn fotografieren gelernt habe, an der mich Volker H. als Fdl Flomersheim in die Geheimnisse des Eisenbahn-Betriebsdienstes eingeweiht hat. Ich sehe, was ich schon längst geahnt, was ich schlecht geträumt habe: Flomersheim ist kaputt, Lambsheim ist kaputt, Weißenheim ist ‘n büschen kaputt, Kirchheim ist kaputt, Grünstadt geht gerade kaputt. Verena ist wie immer angetan von der Streckensicht im 628, derweil Ella es vorzieht, sich die Einstiegstreppen hinunterzustürzen. Ohne größere Blessuren gelangen wir nach Grünstadt, wo mir der Umbau zum Umweltbahnhof Tränen in die Augen treibt (näheres nur auf Anfrage). Da noch eine halbe Stunde Zeit ist bis zur Abfahrt nach Drahtzug, erkunden wir die Stadt, vermissen dort den Marstall der Leiniger Grafen und freuen uns über das Kleinod einer barocken Zentralkirche.
Als wir zurück zum Bahnhof kommen, stehen da schon die Pfalzbahn-Fahrzeuge 798 622 und 998 746. Kurze Zeit später trifft 218 411 mit ihrem RE nach Wissembourg ein. Geht Euch das eigentlich genauso, daß Ihr bestimmte Loks automatisch mit bestimmten Bw’s in Verbindung bringt? Mir haben sich die Tfz-Beheimatungen aus der Anfangszeit meines EF-Daseins so in mein Gedächtnis eingebrannt, daß ich heute immer wieder verblüfft bin, eine bestimmte Lok an anderer Stelle anzutreffen. Und so erwarte ich in Grünstadt eine Karlsruher, allenfalls eine K’lauterner 218, keinesfalls aber die 411 aus Kempten. Am Schienenbus ist ein Großteil der Prominenz des Fördervereins Eistalbahn anzutreffen, allen voran Angelika Tröscher, die als langjährige Erste Vorsitzende in ihrer unnachahmlich liebenswert-penetranten Art für den Verein (und die Eisenbahn in der Region) Vieles erreicht hat. Eines ihrer unschätzbaren Verdienste ist es, auch Jugendliche für die Arbeit im Verein zu interessieren, und so sind es dann zwei Jungs im Alter von etwa 14 bis 17 Jahren, die im Zug die Fahrkarten verkaufen und eine Umfrage zur Nutzung machen. Als es mit zehn Minuten Verspätung los geht ist der Motorwagen gut besetzt, den Steuerwagen teilt sich unsere Familienreisegruppe mit dem Personal. An Weinbergen entlang, die hier Wingert heißen, geht es nach Sausenheim. Der Wellpappe-Anschluß wird im Güterverkehr nicht mehr benutzt, dafür hat die Fa. Sausenheimer Wellpappe das niedliche EG renoviert und wieder seiner ursprünglichen Funktion zugeführt - empfangen werden allerdings nicht Fahrgäste, sondern Firmenbesucher. Hinter Sausenheim kommt dann das pfälzische Eisenbahn-Fotomotiv, bei dem Dorf und Burg Neuleiningen den Hintergrund bilden. Der Bahnhof Neuleiningen-Kleinkarlbach liegt romantisch am Eingang des Leininger Tals (genauer: des Eckbachtals). Am provisorischen Bahnsteig abseits des privatisierten EG mag bei dieser Fahrt niemand ein- und aussteigen.
Von nun an verläuft die Strecke parallel zur Eckbach (in der Vorderpfalz heißt es die Bach) eine Viertelstunde lang durch dichten Wald. Am Endpunkt Drahtzug empfängt uns wiederum ein provisorischer Bahnsteig, der irgendwie über Nacht gewachsen sein muß. Gerne wüßte ich, ob hier auch zu PV-Zeiten der Bahnsteig lag, aber dessen kilometrische Lage habe ich nicht im Kopf. Nur kurz ist die Zeit für ein Gespräch mit den Förderverein-Aktiven, dann drängt Ella lautstark zum Abmarsch. Der Waldweg parallel zur Bahn zurück nach Kleinkarlbach ist tief geworden vom nächtlichen Regen, Ella hat zum Spazieren schon bald keine Lust mehr, und kaum sitzt sie im Kinderwagen, ist sie auch schon eingeschlafen. Am Bahnhof Neuleiningen-Kleinkarlbach kommen wir sehr viel früher an als gedacht und entschließen uns, statt auf den nächsten Schienenbus zu warten, weiter nach Kirchheim (KBS 666) zu laufen. Nach Apfelschorle, Wurstsalat und zwei Kilometern Mühlenwanderweg in schwülster Hitze biegen wir gerade in die Kirchheimer Bahnhofzufahrt ein, als ein Zug einfährt. Verena übernimmt einen aufopferungvollen Spurt, um den KiN von unserem Nahen zu unterrichten. Als ich um die Ecke komme, stehe ich erstaunt einer Dosto-Einheit gegenüber, die hier offensichtlich sonntags aus dem Weinstraßenexpress kommend pendelt. Bis Freinsheim freunden wir uns mit der Klimaanlage an, dort müssen wir umsteigen in einen 628, bei dem die Innen-/ Außentemperaturdifferenz nicht gar so groß ist. Verena freut sich, daß der Tf eine Tfin ist (ich glaube, heimlich träumt sie von einer eigenen 212). Bis kurz vor Frankenthal verläuft die Fahrt ereignislos, dann kommt auf der Hauptstrecke 145 019 mit ihrer RB längsseits und wir fahren ein Stück parallel zueinander. Man mag ja angesichts aussterbender 103, 141, 150 ... und sich ausbreitender 101/ 145/ 152 über zunehmendes Tfz-Einerlei auf Deutschlands Schienen stöhnen, aber ich muß zugeben: mir gefallen die Maschinen.
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