Schrankenposten

 

 

 

 

    Kassel - Korbach und zurück, 7.11.1998

    Nachfolgend ein kleiner Reisebericht von der Strecke Kassel - Korbach unter besonderer Berücksichtigung des kürzlich reaktivierten Abschnitts Volkmarsen - Korbach. Die Strecke gibt mir besonders viele Fragen ein, die ich, statt einfach nur reisezuberichten, kurzerhand stelle.

    In KS-Wilhelmshöhe scharrt der 628 bei dichtem Nebel schon kurz vor der Abfahrt mit den Füßchen, rumpelt sich dann aber erstmal an zwei Hp2s vorbei den Rbf entlang. Bereits kurz vor Obervellmar wird mit rund 100 km/h die höchste Geschwindigkeit dieser Zugleistung erreicht. In Obervellmar - ist das eigentlich ein Bf. oder ein Abzw. Hp? - fällt auf, daß Richtung Kassel auch das linke Gleis mit Form-Ausfahrsignal versehen ist.
    1. Frage: warum dieses?

      Ein Fdl in Obervellmar erzählte, es handele sich um ein auf Hp0 festgelegtes Zielsignal für Einfahrten im Falschfahrbetrieb aus Richtung Warburg.

    Hinter dem Bahnsteig mit den für die ex-BD Kassel so charakteristischen beleuchtbaren Bahnhofsschildern gehts wie gehabt links ab in die nordhessische Pampa. Von hier ab schnuppert die Tachonadel allenfalls mal an der Zahl 80, treibt sich aber sonst meist bei der 60 rum. An das Esig von Weimar tastet sich der Tf nebelhaber und in Ermangelung eines Vorsignals noch im Schrittempo heran, doch kurz danach reißt der Nebel auf und ein gleißend klarkalter Tag ergießt sich über Wälder und Wiesen. Die Zierenberger Ortsrundfahrt ist bei diesem Wetter geradezu berauschend. Der Tf erzählt, daß am westlichen Ortsrand die Einrichtung eines Haltepunktes geplant sei. In Zierenberg fallen - ebenso wie in Weimar und (nicht mehr) in Twiste - die vereinfachten Nebenbahn-Lichtsignale auf.
    2. Frage: wo stehen diese zweibegriffigen Lichtsignale eigentlich sonst noch rum? Auf Anhieb fallen mir nur einige weitere Bahnhöfe in der früheren BD Frankfurt (ex-KBS 621, KBS 622, ...) ein, außerdem Grenzau im Westerwald.

    Wolfhagen ist kurz darauf gut für die
    3. Frage: Warum steht das Empfangsgebäude so seltsam schräg zum Schienenstrang? War die Strecke mal anders trassiert?

      Nicht anders trassiert, aber es war einmal eine Verbindung direkt nach Korbach geplant und man hat das EG prophylaktisch so gebaut, dass es dafür nicht im Weg steht.

    Bald naht Volkmarsen, die Trasse von Warburg her ist immer noch gut erkennbar und der ehemalige Wasserturm imponiert als gelungener Umbau zum Wohnhaus. Ansonsten herrscht Trostlosigkeit, die auch die kreuzende Rost-216 und ihren verdreckten Grünling-Park einschließt. Richtung Korbach steht nurmehr für Gleis 4 ein Ausfahrsignal, dahinter gehts mit 20 km/h zum ersten Bahnübergang. Auf den folgenden Kilometern ist das Gleis großzügig erneuert und die niedlichen quadratischen Kilometersteine dabei meist verschüttet worden. Ausgebaute Gleisjoche liegen am Bahndamm und harren der Zerlegung an Ort und Stelle.

    Das Empfangsgebäude von Külte-Wetterburg ist privatisiert, restauriert und restaurantisiert, der neue Bahnsteig mußte deshalb an die gegenüberliegende Seite. 55cm hoch, ziert ihn ein NVV-Automat und eine arg provisorische Fahrplanvitrine. Den BÜ hinter dem Bahnsteig schießt sich der Tf mit Infrarot frei. Einige Kilometer weiter wurde der frühere Hp Fischhaus als Aufstellort für einen Bahn-Funkmast nebst Schalthaus erkoren und dabei auch gleich die Bahnsteigreste geschreddert. Überhaupt zeichnet sich die Streckenmodernisierung mal wieder durch das Herausreißen sämtlicher Nebengleise, Weichen und sonstiger Infrastruktur aus. Die straßenseitig besser frequentierten BÜ wurden zwar auch mit Sicherungsanlagen gesegnet, doch vor mehr als einem Feldweg-Übergang zeigt eine schwarze 2 auf weißem Grund dem kundigen Fahrgast, wo die Verspätungen herkommen. Bad Arolsen naht, der TF greift zum Hörer und bittet den örtlichen Betriebsbeamten um Einfahrt, welche dieser, nachdem er zwei Schrankenanlagen geschlossen hat, mit weißem Kennlicht an der Trapeztafel auch gerne gewährt.
    4. Frage:
    a) Wo sonst gibt es eigentlich heute sonst noch Zugleitbetrieb mit örtlichem Betriebsbeamten und
    b) Trapeztafeln mit Kennlicht?

      a) ist mittlerweile (2004)sehr selten geworden. Eine Ausnahme ist z.B. Steinbach-Hallenberg.

    Der öB sitzt in einem Container auf dem Hausbahnsteig, der wie auch der Kreuzungsbahnsteig noch nicht modernisiert ist. Überhaupt liegt hier recht viel Baugerümpel herum, der Tf erzählt bei dieser Gelegenheit, daß noch in der Nacht vor der Promi-Eröffnungsfahrt Schienenschweißtrupps an der Strecke unterwegs waren ... . Der Bahnhof besitzt übrigens Rückfallweichen, welche mit 40 km/h befahren werden dürfen. Neben einem imposanten EG besitzt Arolsen noch ein Stellwerksgebäude sowie einen Wasserturm und einen zweiständigen Rechteckschuppen. An lokale Eisenbahnhistoriker richtet sich daher die
    5. Frage: Warum besaß Arolsen solch ansehnliche Lok-Restaurationsanlagen? Nach meinen Unterlagen dürfte der Bahnhof höchstens drei Jahre (1890 - 93) Streckenendpunkt gewesen sein, und in Korbach und Warburg waren nahebei schon Bw's vorhanden?

    Hinter Arolsen wird die Strecke zunächst straßenparallel und unansehlich. In Mengeringhausen zeugen Schwellen- und Schienenberge von kürzlich zerstörter Güterverkehrsinfrastruktur. Vor dem Bahnsteig sind etwa 20m Gleis in Betonplatten gebettet wie man es sonst nur von Gleisen in Ladestraßen kennt. Der Tf erläutert, daß hier ab und an Tranformatoren verladen werden, was bis zum Gleisrückbau auf einem Nebengleis, nun aber im Streckengleis vonstatten geht. Diesem Kuriosum gilt meine
    6. Frage: Wo gibts/ gabs denn sonst noch Güterverladung im Streckengleis. Ich erinnere mich dunkel der Strecke Wunsiedel-Holenbrunn - Leupoldsdorf, wo in Schönbrunn (?) bis in die 80er Jahre ein Baustoffhändler (??) im Streckengleis entlud; der Güterwagen wurde währenddessen mit einer Sh2-Tafel gesichert.

    Der folgende Hp Twiste präsentiert sich ebenfalls recht zerrupft. Neben den obligaten Schwellen- und Schienenhaufen gibt es hier auch Signalhaufen aus Form- und Nebenbahn-Lichtsignalen. Offensichtlich war Twiste (wie auch Arolsen, sagt der Tf) über zehn Jahre hinweg allein für das einzige Üg-Paar am Tag noch besetzt! Anders ausgedrückt: als planmäßig nur die Üg im Abschnitt Volkmarsen - Korbach verkehrte, gabs noch zwei Kreuzungsmöglichkeiten, jetzt, mit 17 Zugpaaren, ist es nur noch eine. An dieser Stelle starte ich einen Sammelaufruf, den ich verkleide als
    7. Frage: wo gibt es noch betrieblich besetzte Bahnhöfe an für den Personenverkehr stillgelegten Nebenstrecken?. Aus dem Gedächtnis biete ich Niederaula (ex-516), Helsa und Hess. Lichtenau (ex-522), Stromberg und Simmern (ex-607), Münsingen (ex-7??), Aschaffenburg Hafen, Wildflecken (?), Sulingen und Barenburg (??), Essen-Vogelheim, Duisburg West, Wülfrath, Hofermühle und Flandersbach (Angertal), DU-Hamborn und Walsum (ex-321), Hirschau (b. Amberg).

    Hinter Twiste wird die Landschaft wieder weit, angenehm und dünnbesiedelt. Der ehemalige Bahnhof Berndorf wird haltlos durchfahren, zu weit ist der Ort entfernt. Korbach liegt in der Senke und wird noch vom Nebel angeleckt. Im Bahnhof steht eine 218 mit in doppeltem Sinne bunter Wagengarnitur, der Säufer am Sonntag harrend. Auch in Korbach hat der GB Netz tabula rasa veranstaltet. Nurmehr die Gleise 2 und 3 können von Personenzügen angefahren werden, der Tausch von Zuggarnituren, wie er sich unserer Einfahrt anschließt, erfordert umfangreiche Rangiermanöver. Ich schau nicht so genau hin und träume lieber von Zeiten, als hier noch Züge in vier Richtungen bereitstanden, Marburger 798, Kasselaner 211 (oder hatten die 211 die Ehre, Kasseläner zu sein?) mit BDyl und ABn, 216 mit Eilzug aus A'dam, ... (daß die Strecken *so* keine Zukunft haben konnten blende ich aus, denn es war ja soooo schön damals).

    Die Rückfahrt bleibt unkommentiert (ist eh schon so lang geworden).

 

Diese Datei wurde erstellt von Volker Blees am 26.02.2004.
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