Die Geschichte der Eistalbahn
Grünstadt - Enkenbach

Vorbemerkung

Der folgende Text entstand in den Jahren 1989/90 für den Förderverein Eistalbahn, der ihn, versehen mit einigen Bildern und Skizzen, als Informationsbroschüre herausgab. Er berücksichtigte ursprünglich nicht die positiven Entwicklungen seit 1994. Das Kapitel der Reaktivierung des Streckenabschnitts Grünstadt - Ramsen - Eiswoog für den Personenverkehr wird hier daher nur in Stichpunkten gestreift. Im Vordergrund steht aber die Veröffentlichung der Geschichte der Eistalbahn.

Als ich die Geschichte der Eistalbahn zusammentrug, war ich im korrekten Umgang mit Quellen noch gänzlich unbewandert. Aus diesem Grund fehlen zum Teil Quellenangaben, die sich heute auch leider nicht mehr rekonstruieren lassen.

Über Kommentare, Ergänzungen und Hinweise zur Geschichte der Eistalbahn an mich freue ich mich natürlich.

Inhalt

Die Vorgeschichte

Schon sehr früh bekommen die Pfalz und damit auch das Eistal erste Kontakte mit dem revolutionären Verkehrsmittel Eisenbahn: Bereits im Januar 1838, kaum drei Jahre nach Inbetriebnahme der ersten Eisenbahn in Deutschland, legt das königliche Landkomissariat Kirchheim in den Gemeinden des Kreises Subskriptionsregister für Aktien der geplanten Bahn von Rheinschanze (Ludwigshafen) nach Saarbrücken auf. Obwohl die Entfernung vom Eistal nach Neustadt, dem nächstgelegenen Bahnhof der geplanten Linie, rund 35 km und damit fast eine Tagesreise für Transportfuhrwerke betrug, war vor allem bei der Eisenberger Industrie das Interesse groß. Dennoch sollte es noch zehn Jahre dauern, bis die erste pfälzische Bahn in Betrieb ging.

Bald wurden in rascher Folge neue Schienenmagistralen geplant und gebaut: nach Rheinschanze - Saarbrücken (Fertigstellung 1850) die Linien Schifferstadt - Speyer (1847), Mainz - Ludwigshafen (1853) und Neustadt - Weißenburg (1855). Projekte, deren Realisierung Anfang der 1860er Jahre absehbar war, waren (mit Jahr der Inbetriebnahme) Neustadt - Bad Dürkheim (1865) - Monsheim (1873), Worms - Monsheim (1864) - Langmeil (1872) und Monsheim - Alzey (1867). Die Netzentwicklung folgte also den günstigsten geographischen Bedingungen und schien das industriereiche Eistal mit seinen umfangreichen Ton- und Klebsandvorkommen links liegen zu lassen.

Um dem entgegenzuwirken gründete sich in Eisenberg am 7.8.1864 das Eistalbahn-Komitee unter Führung Carl von Gienanths, der bereits 1858 in Winnweiler das Alsenzbahn-Komitee ins Leben gerufen hatte. Erste bemerkenswerte Aktivität des Komitees war das „Gesuch um Ertheilung der Projectierungs Konzession für eine Eisenbahn von Grünstadt nach Enkenbach oder von Grünstadt über Eisenberg nach Dreisen“, das am 14.11.1865 an das Staatsministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten gerichtet wurde. Bereits zwei Wochen später kam die Antwort: das Gesuch wurde gänzlich abgelehnt mit der Begründung, es bestehe keine Aussicht auf baldige Umsetzung des Projektes, der Bau der anschließenden Hauptlinien sei noch nicht sicher und der Staat könne kein Geld für eine derartige 'Nebenlinie' zur Verfügung stellen.

1867 stellte das Eistalbahn-Komitee ein gleichlautendes Gesuch und veröffentlichte zur Begründung der Notwendigkeit einer Bahnlinie durchs Eistal eine Denkschrift. Darin war zu lesen, daß der Bevölkerungsreichtum des Eistals rund 22000 Menschen lebten damals zwischen Heidesheim und Enkenbach ebenso eine hohe Personenfrequenz garantiere wie die Vorkommen an Sand, Klebsand, Kalkstein und Tonerde einen lohnenden Güterverkehr. Eine genaue Aufstellung belegt, daß zusammen mit den Transporten der Eisen-, Papier-, Stärke- und Kochgeschirrindustrie ein Im- und Export von über 2,2 Millionen Zentnern jährlich zu erwarten war. Darüber hinaus habe die Linie große Bedeutung als Transitverbindung und ihre Führung könne lohne große Steigungen leicht über den Stumpfwald' erfolgen. Daraufhin ruhten die so hoffnungsvoll begonnenen Aktivitäten des Eistalbahn-Komitees zunächst.
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Der erste Abschnitt: Grünstadt - Eisenberg

Ganz fruchtlos waren die Bemühungen des Eisenberger Komitees jedoch nicht geblieben. Im bayerischen 'Fusionsgesetz' von 1867, das die bislang vier pfälzischen Bahngesellschaften zu einer vereinte, wurde diese zum Bau der Strecke Grünstadt - Enkenbach verpflichtet, falls die Staatsregierung eine Zinsgarantie von 4% erteilen würde. Diese Übernahme der Zinsgarantie erfolgt jedoch zunächst nicht.

Ende 1869 nahm das Eistalbahn-Komitee dann das Längennivellement in Angriff, das ihm zwei Jahre zuvor höchstministeriell erlaubt worden war. Das Ergebnis der Untersuchungen durch den Ingenieur Schmitt der pfälzischen Ludwigsbahn, deren Kosten sich auf über 1000 fl. (Gulden) beliefen, brachte drei Linienvarianten hervor, die sich in der Führung des Abschnitts Ramsen - Enkenbach unterschieden. Da die Trasse zwischen Grünstadt und Eisenberg keine allzu großen Schwierigkeiten aufwies und vorauszusehen war, daß für den Bau der gesamten Linie in absehbarer Zeit keine Genehmigung erteilt würde, konzentrierten die Interessenten ihre Bemühungen auf diesen ersten Abschnitt und hatten damit dann auch Erfolg. Am 3.4.1872 bewilligte der Landtag in München 600.000 fl. als ,Bau- und Einrichtungskapital für die Eisenbahn von Grünstadt nach Eisenberg' und schuf so die Voraussetzung für deren Bau. Der König selbst ermächtigte daraufhin am 8.7.1872 die pfälzische Bahngesellschaft, das Projekt in Angriff zu nehmen.

Doch so einig sich die Interessenten zuvor waren, nun wünschte sich jeder eine andere Bahn. In Ebertsheim konnte man sich genauso wenig über die Lage des Bahnhofs einigen wie in Eisenberg. Dort wünschte das Eistalbahn-Komitee die Möglichkeit zur späteren Weiterführung der Linie nach Westen, die örtlichen Fuhrunternehmer versuchten aus Angst vor Einnahmeverlusten gerade das zu verhindern und die Gemeinden Hettenleidelheim und Wattenheim wollten den Schienenstrang am liebsten über diese Orte gen Enkenbach streben sehen. Nach langen Querelen setzte sich die Regierung über die Vielzahl von Änderungswünschen hinweg und erteilte am 30.1.1874 die endgültige Genehmigung für das Projekt.

Bereits Ende August legte die Bahnverwaltung ausführungsreife Bauentwürfe vor, bei denen der Weiterbau der Strecke nach Westen eingeplant war. Im Oktober begann schließlich der Bau. Durch die Führung der Trasse hoch am südlichen Hang des Eistales mußten. 153.800 cbm Erd- und Steinmasse bewegt, fünf Unter- und eine Überführung sowie 56 Brücken und Durchlässe gebaut werden, bis die 9,7 km lange Bahn am 24.6.1876 feierlich dem Betrieb übergeben werden konnte.

Lageplanausschnitt des Bahnhofs Eisenberg von 1908
Lageplanausschnitt des Bahnhofs Eisenberg von 1908

Leider waren bislang kaum Dokumente über den Bau der Strecke und die ersten Betriebsjahrzehnte ausfindig zu machen. Die gleisbauliche und signaltechnische Ausstattung dürfte den bayerischen Normalien für 'Secundairbahnen' entsprochen haben, bis 1909 die Degradierung zur Lokalbahn erfolgte. In Eisenberg befanden sich außer den umfangreichen Gütergleisen auch Lokbehandlungsanlagen in Form eines Lokschuppens mit zwei Ständen, einer Drehscheibe von 13,5 m Durchmesser und eines heute noch vorhandenen Wasserturms (Lageplan). Der Bahnhof Ebertsheim war mit einem Ausweichgleis und einer Laderampe versehen. Die Stationen Asselheim und Mertesheim hatten vermutlich nie Güterverkehrsanlagen. Östlich von Eisenberg gab es drei Schrankenposten, die bereits zwischen 1899 und 1912 wieder aufgelassen wurden.

Wirtschaftlich wurde die Eistalbahn vor allem im Güterverkehr ein großer Erfolg. Schon 1887 hatte sich der Bahnbau amortisiert. 1897 wurden 10.741 Doppelwaggons versandt, 1906 waren es schon 21.344. Wenngleich diese Zahlen in der Folgezeit leicht zurückgehen sollten, stand Eisenberg doch lange Jahre nach St. Ingbert (Kohlengruben) und Ludwigshafen (Rheinhafen), aber vor weitaus größeren Städten wie Frankenthal, Neustadt, Kaiserslautern etc. an dritter Stelle im Güterumschlag bei den pfälzischen Eisenbahnen.

Parallel zu diesem Erfolg wurde aber der Personenverkehr zum Stiefkind. Wie auf den meisten bayerischen Nebenbahnen verkehrten nur drei bis vier Zugpaare täglich, zusätzlich wurde einigen Güterzügen Personenwagen beigestellt. Lange Zeit bestand der Eisenberger Wagenpark aus älteren zweiachsigen Personenwagen 3. Klasse. Erst um 1912 kamen 2.-Klasse-Abteile dazu und einer der Wagen wurde mit Abort ausgestattet. Da die Streckenhöchstgeschwindigkeit auf 20 km/h begrenzt war und die beladenen Güterzüge bergab Richtung Grünstadt rollten, setzte die Bahnverwaltung meist ältere Dampflokomotiven ein, die auf dem übrigen Streckennetz kaum mehr zu gebrauchen waren.

Bahnhof Eisenberg 1890

Das nebenstehende Bild, das älteste bekannte Fotodokument der Eistalbahn überhaupt, zeigt die Lokomotive 'Zweybrücken', die 1847 von Maffei in München als eine der ersten Pfalzbahn-Maschinen gebaut wurde. Zum Zeitpunkt der Aufnahme lag bereits seit über einem Jahr die Ausmusterungsverfügung für die völlig veraltete Lokomotive vor. Die Wagen des Personenzuges entstammen der zweiten Pfalzbahn-Generation (ab 1861). Sie boten auf 7,90 m Länge 50 Passagieren Platz und waren - wenn auch nicht unbedingt auf der Eistalbahn - bis etwa 1914 in Betrieb. Eine Übersicht über den Lokomotivdienst der Pfalzbahn im Winterfahrplan 1908/09 zeigt, daß der Güterverkehr nach Eisenberg von dreiachsigen, zwischen 1872 und 1892 gebauten Güterzuglokomotiven der Gattung G2 bewältigt wurde. Im Personenverkehr waren als Rangierlokomotiven konzipierte leistungsschwache Tenderloks vom Typ T1 eingesetzt. Eine solche Maschine trug auch den Namen 'Ebertsheim', während 'Eisenberg' ab 1900 den Kessel einer T3 und 'Hettenleidelheim' ab 1902 den einer P2.II zierte.

Einen großen Anteil am Güterumschlag hatte anfangs der Ton aus den Gruben in Hettenleidelheim. Da der Transport auf den schlechten Straßen zum Bahnhof Eisenberg mühsam und aufwendig war, forderten die Hettenleidelheimer Industriellen schon seit Fertigstellung der Bahn einen eigenen Gleisanschluß. Die Regierung gab diesen Bemühungen aber erst nach, als sich alle Hettenleidelheimer Gruben verpflichteten, auf die Dauer von 34 Jahren allen Ton auf die Bahn zu verfrachten und zusätzlich zum gewöhnlichen Frachttarif einen Zuschlag von 45 Pfennig pro Tonne zu zahlen. 1892 wurde mit dem Bau der zunächst nur als Industriegleis geplanten Strecke begonnen. Sie zweigte 600 m östlich des Bahnhofs Ebertsheim in einem eigens angelegten Abzweigbahnhof von der Eistalbahn ab und erreichte nach 4 km den mit umfangreichen Güteranlagen ausgestatteten Bahnhof Hettenleidelheim. Erst ein Jahr nach Aufnahme des Tonverkehrs wurde der Haltepunkt Tiefenthal errichtet und dann am 1.5.1895 der Personenverkehr eingeführt. Letzteres brachte eine deutliche Verschlechterung für die Reisenden aus Eisenberg mit sich, da die Personenzüge von und nach Grünstadt entweder Eisenberg oder Hettenleidelheim bedienten. Zwar sollte prinzipiell in Ebertsheim ein Anschlußzug den nicht durchgehend befahrenen Streckenast bedienen, oft wurden diese Anschlüsse aber aus Ersparnisgründen von der Bahnverwaltung gestrichen. Eisenberger Bürger mußten, wenn sie nach Grünstadt wollten, häufig bis Tiefenthal oder Ebertsheim laufen. Die Akten bis in die 20er Jahre dieses Jahrhundert sind voll mit Beschwerden über mangelhafte und kundenunfreundliche Fahrpläne, ein Problem also nicht erst der heutigen Zeit.
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Der lange Weg zur Vollendung

Nach Bau des Abschnitts Grünstadt Eisenberg ruhten die Aktivitäten des Eistalbahn-Komitees zunächst. Erst im Februar 1886 meldete es sich wieder mit einer Denkschrift, in der wegen des enormen Güterumschlags und des großen Umweges der Güter auf dem Weg nach Westen über Neustadt oder Monsheim der Durchbau von Eisenberg nach Enkenbach gefordert wird. Zum ersten Mal wird auch ausführlich auf die sogenannte "untere Eistalbahn" Grünstadt - Offstein eingegangen, die dann zusammen mit der am 12.12.1886 eröffneten Linie Worms - Offstein des Berliner Unternehmers Bachstein eine durchgehende Verbindung Worms - Kaiserslautern herstellen sollte. Eine der Denkschrift beigefügte Karte sieht die Nordumgehung Grünstadts auf dem direkten Weg Albsheim - Asselheim vor, um einen Fahrtrichtungwechsel durchgehender Züge zu vermeiden.

Etwa zum Erscheinungszeitpunkt der Denkschrift begann der Ingenieur Paulsen von der Fa.Bachstein im Auftrag des Komitees mit einer Terrainaufnahme, die im Mai beendet werden konnte. Die erste Version der Planskizzen befriedigte die Interessenten nicht, so daß ein endgültiges Ergebnis erst Mitte Februar 1887 vorlag. Es sah eine Sekundärbahn mit Steigungen von bis zu 22% und Bogen ab 200 m Radius vor, deren Führung südlich des Eiswoog-Weihers entlang, mittels eines 250 m langer Tunnels unter der Wasserscheide hindurch, südlich Alsenborns vorbei und von Norden in den Enkenbacher Bahnhof einengend erfolgen sollte. Die Gesamtkosten des Projekts bezifferte Paulsen auf 1,73 Mio. Mark, bzw. bei der zu befürwortenden Ausführung als Vollbahn für den Transit- und Militärverkehr auf etwa 2 Mio. Mark.

Titelbild der Denkschrift von 1887
Titelbild der Denkschrift von 1887

Alle diese Planungen verarbeitete das Eistalbahn-Komitee zu einer weiteren, noch 1887 erschienenen Denkschrift mit dem Titel: 'Die Eisthalbahn und ihre Bedeutung für die Linie Frankfurt - Metz, insbesondere auch für die Städte Kaiserslautern, Grünstadt und Worms". Mit zeitgemäßem Pathos ergeht sich diese Schrift auf immerhin 52 Seiten an der Geschichte der gesamten Region, den seit der Römerzeit existierenden Verkehrswegen durchs Eistal und der wachsenden Bedeutung der Städte und Gemeinden längs der Linie Worms - Kaiserslautern, um in geradezu glühende Forderungen nach Vollendung der Eistalbahn zu münden.

Doch auch dieses Gesuch blieb, wie schon das vom vorausgegangene Jahr, in den Amtsstuben des fernen München unbeachtet. In einer weiteren Petition „an die hohe Kammer der Abgeordneten des bayerischen Landtages in München" wird deutlich, wo die Gegner der Eistalbahn zu suchen sind: zum einen fürchtet die Staatsregierung eine Konkurrenzsituation zwischen den zum Teil parallel verlaufenden Bahnstrecken in der Pfalz, zum anderen rechnet die Eisenbahnverwaltung mit Einnahmeverlusten, wenn die Transportwege durch die Direktverbindung Eisenberg - Kaiserslautern kürzer würden. Beiden widersprechen die Bittsteller mit dem Argument, eine durchgehende Bahn zöge weitere Industrieansiedlung und damit ein deutlich höheres Transportaufkommen nach sich. Doch auch diese Bittschrift verhallte ungehört, genauso wie ein 1897 gegründetes überregionales Komitee für den Bau einer Bahnlinie Würzburg - Miltenberg - Bensheim - Worms - Kaiserslautern bezüglich der Eistalbahn keine Erfolge verzeichnen konnte. Von der langen Reihe der Mißerfolge enttäuscht löste sich das Eisenberger Komitee noch vor der Jahrhundertwende auf.

Erst 1907 erfolgte auf Initiative des o.g. überregionalen Komitees die Rekonstitution und noch im selben Jahr ging erneut eine Denkschrift nach München. Eine Audienz beim bayerischen Verkehrsminister von Frauendorfer zeitigte dann auch den ersten Erfolg, denn dieser versprach, bei der Eisenbahndirektion in Ludwigshafen eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für die Eistalbahn in Auftrag zu geben. Die Neubauinspektion Neustadt nahm dann zwar Erhebungen vor, Ergebnisse wurden aber zunächst nicht bekannt. Erst als im Mai 1911 der Landtagsabgeordnete Klement eine diesbezügliche Anfrage stellte, antwortete von Frauendorfer, die Untersuchung habe einen jährlichen Fehlbetrag.von 161000 Mark ergeben, der nur durch eine 54%ige Verkehrssteigerung zu decken sei. Solch niederschmetternde Zahlen schienen das Aus für das Projekt zu bedeuten.

Umso erstaunlicher war es, daß die nächste Initiative von unerwarteter Seite ausging. Am 9.3.1912 ließ das Verkehrsministerium dem Komitee in Eisenberg mitteilen, es halte die Aufnahme der Eistalbahn in die Lokalbahnvorlage des Landtages für möglich, falls die Interessenten alle gesetzlich vorgesehenen Leistungen übernähmen. Am 14.3.1912 trafen sich daraufhin in Eisenberg Vertreter der Gemeinden Kaiserslautern, Enkenbach, Alsenborn, Ramsen und Eisenberg sowie der Eisenbahndirektion, des Verkehrsministers und der örtlichen Industrie. Die Ergebnisse dieser Sitzung bedeuteten einen gewaltigen Schritt in Richtung Vollendung der Eistalbahn. Um die Bedenken der Bahnverwaltung wegen Einnahmeminderungen auszuräumen, erklärten sich die Eisenberger Industriellen bereit, für nach Westen gehende Frachten auch künftig den gleichen Tarif zu zahlen, als müßten die Güter noch den Umweg über Neustadt nehmen. Die Anliegergemeinden und die Staatsforstverwaltung erklärten sich mit dem von der Bahnverwaltung vorgelegten Trassenentwurf einverstanden und wünschten nur noch Detailänderungen. Lediglich die Auflage im bayerischen Lokalbahngesetz, daß die Gemeinden sich verpflichten müssen, sämtliche Grunderwerbskosten für den Bau der Bahn zu übernehmen, bevor der Landtag seine Genehmigung erteilt, konnte nicht sofort erfüllt werden. Zwar stellten Eisenberg und Ramsen die erforderlichen Summen von 57000 bzw. 44700 Mark bereit, Alsenborn und Enkenbach sahen sich jedoch außerstande, 64000 bzw. 80600 Mark aufzubringen. Dennoch gelang es diesen beiden Gemeinden, innerhalb eines Monats mit Hilfe privater Zuschüsse und Leistungen der Stadt Kaiserslautern die benötigten Gelder zu beschaffen.

Lageplan zur Verlegung des Lokschuppens in Eisenberg für den Weiterbau der Eistalbahn, 1912
Zur Weiterführung der Eistalbahn nach Enkenbach sollte der Lokschuppen in Eisenberg verlegt werden
(Lageplan von 1912)    
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Doch wie schon so oft folgte auch diesmal allen intensiven Bemühungen um die Genehmigung des Bahnbaus nur eine Enttäuschung. Die Strecke Eisenberg - Enkenbach wurde, obwohl alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren, nicht in die Lokalbahnvorlage des Landtages aufgenommen. Bei einer Audienz am 13.4.1912 begründete Verkehrsminister Seidler dies gegenüber Mitgliedern des Eistalbahn-Komitees damit, daß schon zu viele Bahnen in Bayern genehmigt, aber noch nicht in Bau seien und daß es ernsthafte Konkurrenzprojekte zur Eistalbahn gebe, so etwa eine Bahn von Altleiningen oder von Hettenleidelheim nach Enkenbach. Gerade der letzte Punkt entwickelte sich zu einem Parteipolitikum, das auf längere Sicht ein Zusammenwirken aller am Baugenehmigungsverfahren Beteiligter verhinderte. Während die Strecke Eisenberg - Enkenbach wegen der Interessenten aus der Industrie als „liberales" Projekt apostrophiert wurde, galten die Varianten Altleiningen -/Hettenleidelheim - Enkenbach aufgrund der Erschließung armer und verkehrsungünstig gelegener Landstriche als „soziales" Ansinnen.

Der erste Weltkrieg rückte schon bald danach ganz andere Probleme in den Vordergrund. Dennoch reichte das Eisenberger Komitee 1917 erneut eine Denkschrift ein und machte sich das Kriegsgeschehen sogar in seiner Argumentation zunutze, indem es auf die kriegswichtige Industrie des Eistals und das Fehlen einer Ost-West-Verbindung für Nachschubtransporte durch die Pfalz hinwies. Die politischen Ereignisse bedingten, daß dieser Eingabe keinerlei Reaktion folgte.

Mitten in der Not nach dem ersten Weltkrieg veröffentlichte das Komitee wiederum die Denkschrift von 1917, ohne die Passage über die -militärische Bedeutung der Bahn zu streichen und sandte sie mit einem Begleitschreiben am 31.3.1919 an den Ministerpräsidenten in München, den Verkehrsminister, die Abgeordnetenkammer, die Eisenbahndirektion und die Regierung der Pfalz. In dem Begleitschreiben wurde auf die sich dramatisch verschlechternde Situation der Eisenberger Industrie hingewiesen und gefordert, zur Stützung der wirtschaftlichen Situation der Region den Bau der Eistalbahn als Notstandsarbeit durchfuhren zu lassen. Die politischen Verhältnisse hatten sich geändert und die Not der Zeit vereinte Parteien, Verbände und Interessengruppen. Von allen Seiten unterstützt und getrieben gab das Verkehrsministerium in München schon im April 1919 die Erstellung eines neuen Bauentwurfs bei der Eisenbahndirektion Ludwigshafen in Auftrag. Bis zum 24. Mai erneuerten alle Gemeinden ihre Finanzierungszusagen vom April 1912. Damit stand der Baugenehmigung durch die bayerische Staatsregierung nichts mehr im Wege.

Tatsächlich wurden im Frühjahr 1920 im Bereich Enkenbach die ersten Notstandsarbeiten aufgenommen. Zunächst konzentrierten sich die Bauarbeiten auf Erdbewegungen, mußten aber schon bald wieder eingeschränkt werden, als sich herausstellte, daß die Bauentwürfe noch nicht ausgereift waren und vor allem bei den Löhnen unerwartete Teuerungen auftraten. Als Vorbedingung für weitere Zahlungen verlangte daraufhin das Reichsverkehrsministerium, das mittlerweile die Obhut über den Bahnbau vom bayerischen Staat übernommen hatte, die Durcharbeitung der Baupläne und Vergebungsunterlagen und den Abschluß der Grundstücksverhandlungen. Während ersteres noch 1921 geschah, standen insbesondere die Gemeinden Enkenbach und Alsenborn vor gewaltigen Grundstückskosten von fast 400.000 Mark. Erst nach langen Verhandlungen mit dem Eistalbahn-Komitee und der Stadt Kaiserslautern konnte die Summe mit deren Unterstützung aufgebracht werden.

Im August 1922 wurde auch mit dem Bau von Eisenberg aus in Richtung Ramsen begonnen. Mit der Rheinlandbesetzung im April 1923 erfolgte aber die Einstellung sämtlicher Arbeiten. Zu diesem Zeitpunkt waren zwischen Eisenberg und Streckenkilometer 3,44 kurz vor Ramsen die Trasse und zwischen Enkenbach und der geplanten Haltestelle Stempelbrunn die Strecke einschließlich Gleis fertiggestellt. Ab März bemühte sich das Eistalbahn-Komitee wieder intensiv um Geldmittel für den Weiterbau der brachliegenden Strecke. Vom Verkehrsministerium war aber nur zu vernehmen, daß erst die durch den passiven Widerstand und die Reparationsleistungen entstandenen Schäden am gesamten Bahnnetz behoben werden müßten, bevor die Wiederaufnahme der Bauarbeiten in Frage kommt.

Erst als der Region die wirtschaftliche und soziale Katastrophe drohte - unter den 1500 Einwohnern Alsenborns beispielsweise befanden sich allein 100 Arbeitslose - stellte die Regierung der Deutschen Reichsbahn einen Sonderkredit in Höhe von 5,3 Mio. Mark zur Verfügung. Nun gingen die Arbeiten wieder zügig voran: Ab Oktober 1926 wurde zwischen Eisenberg und Ramsen weitergebaut, am 16.11.1926 erfolgte der erste Spatenstich für den Stempelkopftunnel und im Februar 1927 konnte das Baulos IV zwischen Ramsen und Bockwiesentalbrücke in Angriff genommen werden. Währenddessen erhöhten sich ständig die Grunderwerbskosten. Die Reichsbahn forderte mehreremals ultimativ von den Gemeinden die Zahlung der Außenstände. Vor allem Enkenbach und Alsenborn konnten nur durch Kreditaufnahmen und komplizierte Umschuldungen die erforderlichen Geldleistungen erbringen. Am 5.5.1927 erfolgte der Durchstich des Tunnels im Beisein des Präsidenten der Reichsbahndirektion Ludwigshafen. 1928 begann der. Bau der Bockwiesentalund der Dreibrunnertalbrücke. Beide konnten schon im September 1929 fertiggestellt werden. Doch zu diesem Zeitpunkt war auch alles Geld verbaut, das das Reich zur Verfügung gestellt hatte. Weitere Zuschüsse und Kredite waren nicht in Sicht, zumal die politische Lage in der Weimarer Republik äußerst unsicher war. Erst zwei Jahre später, im September 1931, konnten Mittel aus dem Welthilfefonds gewonnen und der Bau des letzten Stücks, der Eistalbrücke, begonnen werden.

Zwischenzeitlich hatte sich die Gemeinde Ramsen darum bemüht, daß der fertiggestellte Streckenabschnitt Eisenberg Ramsen in Betrieb genommen wird. Nachdem schon 1929 die Bauzüge wiederholt Güterwagen für den Bahnhof Ramsen mitgenommen hatten, erfolgte zum Sommerfahrplan 1931 die Einführung eines sonntäglichen Ausflugszuges von Ludwigshafen nach Ramsen, der schon bald von Wanderern und Erholungssuchenden gerne in Anspruch genommen wurde.

Im November 1932 war es endlich soweit. Nachdem die Eistalbrücke am 28.10. die Belastungsprobe mit zwei 115,4 Tonnen schweren Lokomotiven der Baureihe 55.25 bestanden hatte, konnte die Bahn von Eisenberg nach Enkenbach am 5. November 1932 feierlich eingeweiht werden. Die Freude war groß, als sich der Sonderzug mit seinen 150 geladenen Gästen und 740 Schulkindern pünktlich um 15.00 Uhr in Eisenberg gen Westen in Bewegung setzte. Zum Rahmenprogramm der Feierlichkeiten gehörte neben unzähligen Festreden und Ansprachen die Eröffnung einer Kunstaustellung und ein "festlicher Dämmerschoppen" im Eisenberger Gasthaus 'Zum Hirsch". Fünfundsechzig Jahre waren seit der ersten Eingabe Carl v. Gienanths vergangen, rund sieben Millionen Reichsmark hatte der Bau gekostet, Hunderte von Arbeitern hatten Lohn und Auskommen gefunden, Dutzende waren dabei verunfallt, zwei von ihnen tödlich.

Die Trasse beginnt in Eisenberg in 190,8 m ü.NN, um sich mit Steigungen zwischen 1:94 und 1:80 durch den Wald nach Ramsen (228,9 m. ü.NN) emporzuwinden. Der Bahnhof Ramsen besaß ein Überhol- und zwei Ladegleise, Einfahr-, aber keine Ausfahrsignale. Weiter geht es in beständiger Steigung 1:80 bis zur Haltestelle Stempelbrunn. In diesem Abschnitt liegen die Bockwiesentalbrücke (176 m lang, 28 m hoch, Eisen-Beton-Konstruktion), der Eistalviadukt (271 m lang, 36 m hoch, kombinierte Beton-Stahlträger-Bauweise), die Dreibrunnertalbrücke (87 m lang, 23 m hoch, Eisen-Beton-Konstruktion),der Stempelkopftunnel mit 481 m Länge sowie der erst 1933 eingerichtete Haltepunkt Eiswoog direkt am Eistalviadukt.

Über die Haltestelle Stempelbrunn ist nur wenig bekannt. Bislang konnten keine verläßlichen Angaben darüber gefunden werden, ob dieser Bahnhof je in Betrieb war oder auch nur fertig gebaut wurde. Es existieren lediglich Bahnhofspläne, die letzten datieren von 1920, die eine Holzverladestelle vorsehen. Noch heute ist westlich des Tunnels das Planum für ein zweites Gleis zu erkennen, ein Stellwerksbau, Fundamente von Signalen und einem weiteren Stellwerk sowie Kanalisationsschächte sind ebenfalls noch vorhanden. Zumindest während des Tunnelbaus durften sich hier Gleisanlagen befunden haben, möglicherweise war auch während der Kriegsjahre an dieser Stelle ein Kreuzungs- und Überholbahnhof eingerichtet, der in den späten 40er Jahren wieder demontiert wurde.

Hinter diesem ominösen Bahnhof steigt die Strecke noch einmal kurz an, um an der Stelle, wo die Landstraße die Bahn überquert, in 307,9 m ü.NN ihren höchsten Punkt zu erreichen. Danach geht es in leichtem Gefälle zum Bahnhof Alsenborn, der nur mit einer Agentur versehen war und ein langes Rampengleis aufweist und weiter über die Alsenzbahn hinweg nach 17.4 km Streckenlänge in den Bahnhof Enkenbach (288,3 m ü.NN).
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Die Betriebszeit 1932 - 1988

Mit Inbetriebnahme der durchgehenden Verbindung Grünstadt - Enkenbach änderte sich auch der Betriebsablauf. Die Bahnhöfe Ebertsheim Abzweig, Eisenberg und Ramsen waren mit Signalen ausgestattet worden. Personen- und Güterverkehr wurden endlich getrennt, die gemischten Züge aufgegeben. Täglich verkehrten drei, später vier Personenzüge zwischen Grünstadt und Enkenbach, einige fuhren auch bis Kaiserslautern durch. Etwa die gleiche Anzahl von Zügen verkehrte auch zwischen Grünstadt und Hettenleidelheim. Damit waren auch die Zeiten des lästigen Umsteigens in den Anschlußzug in Ebertsheim vorbei. An Sonntagen war bis Kriegsbeginn ein Ausflugszug von Ludwigshafen nach Enkenbach eingesetzt.

Die Zugförderungsaufgaben übernahm 1932 das Betriebswerk (Bw) Kaiserslautern. Nur noch wenige Zugleistungen wurden von Lok der Bw Ludwigshafen und Neustadt erbracht. Vor den Personenzügen kamen Tenderloks der Baureihen 64, 75 und 77 zum Einsatz.

Im Güterverkehr wurden die Frachten nunmehr nach Ludwigshafen und zum Kaiserslauterner Rangierbahnhof Einsiedlerhof gefahren und von dort aus weiter in alle Richtungen verteilt. Es gab auch durchlaufende Güterzüge von Grünstadt nach Einsiedlerhof. Eingesetzt waren mittelschwere Güterzuglokomotiven der Baureihen 55.25 und 56.2. Nicht selten erforderten die schweren Züge eine Vorspannlok. 1937 hatte sich der Zugverkehr in Eisenberg gegenüber 1932 um 130% gesteigert und die Zahl der Fahrgäste hatte sich verdreifacht. Während des Westwall-Baus und danach wieder im 2.Weltkrieg diente die Eistalbahn als wichtige Rollbahn nach Westen. Vermutlich wurde in dieser Zeit auch der Betriebsbahnhof Stempelbrunn in Betrieb genommen, da es sonst auf dem 13 km langen Abschnitt Ramsen - Enkenbach keine Kreuzungsmöglichkeit gab.

Auch ein altes Projekt wurde jetzt ausgeführt: etwa 1944 baute man die nördliche Umgehungskurve von Grünstadt zwischen Albsheim und Asselheim. Allerdings war die Kurve in Albsheim nicht, wie 1886 geplant, an die Nebenbahn Worms - Offstein Grünstadt sondern nur an die Hauptlinie Monsheim - Grünstadt angeschlossen, so daß es weiterhin keine Möglichkeit gab, von Worms über das Eistal nach Kaiserslautern ohne Fahrtrichtungswechsel zu fahren. Angeblich soll diese Umgehungskurve nie befahren worden sein, da vor ihrer Inbetriebnahme die Eiswoogbrücke bombardiert wurde. Erst gegen Kriegsende, so die Erzählung eines Eisenbahners, leitete ein Albsheimer Fahrdienstleiter versehentlich eine leerfahrende Lok auf.die Kurve. Nach dem Krieg erfolgte schon bald die Demontage der Gleise. Heute läßt sich noch ein Teil der Trasse erkennen und der kleine Stellwerksvorbau am Asselheimer Bahnhofsgebäude weist darauf hin, daß hier einmal ein Fahrdienstleiter die Abzweigweiche nach Albsheim bedienen sollte.

Buchfahrplanauszug aus dem Jahr 1960
ETA 150 und VT 95 beherrschten ab Mitte der 50er Jahre das Bild des Personenverkehrs auf der Eistalbahn.
Buchfahrplanauszug von 1960

Die starke Beschädigung der Eiswoogbrücke durch Bombenabwürfe im Jahr 1944 - noch heute sind an den Betonpfeilern Splittereinschläge zu erkennen - unterbrach den durchgehenden Verkehr bis zum Januar 1949. Bald lief der Verkehr wieder in geordneten Bahnen. Die Zahl der Personenzüge erhöhte sich gegenüber der Vorkriegszeit auf fünf bis sechs Paare, die von Kaiserslauterner Lok der Baureihen 50 und 86 gezogen wurden. Ab Mitte der 50er Jahre lösten nach und nach Triebwagen die Dampfrösser ab. Schon 1960 war der Personenverkehr im Eistal ganz in der Hand der Schienenbusse und Batterietriebwagen.

Zwischenzeitlich war am 3.10.1954 die Strecke nach Hettenleidelheim mit der Stillegung des Personenverkehrs eines der ersten Opfer der noch jungen Bundesbahn geworden. Doch auch vor der Eistalbahn machte die Rationalisierungswelle nicht Halt. Die Agentur in Alsenborn mußte ebenso schließen wie die Fahrkartenausgabe in Ramsen und die Stückgutbeförderung wurde aufgegeben. Die Einsparungsmaßnahmen waren jedoch nicht unbegründet. Tatsächlich ging auf der Eistalbahn, wie überall in der Bundesrepublik, mit zunehmender Motorisierung der Bevölkerung die Zahl der Fahrgäste zurück.

Der Güterverkehr war jedoch weiterhin konstant. Je zwei Zugpaare wurden, bespannt mit einer Lok der Baureihe 50, nach Grünstadt und Einsiedlerhof gefahren und nicht selten mühten sich die Dampfloks auch in Doppeltraktion zum Stempelkopf hinauf. Erst Anfang der 70er Jahre wanderten die Dampfmaschinen aufs Abstellgleis und überließen ihren dieselbetriebenen Nachfolgern (Baureihen 216, 260) das Feld.

1966 startete die DB den ersten Versuch, die Eistalbahn stillzulegen. Eine Verkehrszählung hatte ergeben, daß in den 8 Triebwagen-Paaren zwischen Eisenberg und Enkenbach nur noch rund 30 Fahrgäste pro Zug saßen. Den jährlichen Betriebsfehlbetrag gab die Bahn mit 220.100 DM an. Die Stillegung des Personenverkehrs wurde dann aber nicht verwirklicht, da das Bundesverkehrsministerium Bedenken äußerte. Anfang der 70er Jahre wurde der Sonntagsverkehr, zuletzt immerhin 10 Züge, gänzlich eingestellt. 1973 stellte die Bundesbahn erneut beim Verkehrsministerium den Antrag auf Entbindung von der Betriebspflicht für den Personenverkehr, diesmal sogar für die Gesamtstrecke von Grünstadt nach Enkenbach. Der Güterverkehr sollte dagegen erhalten bleiben. Gegen die Stillegungspläne wandten sich Gemeinden, Landkreis und Landesregierung mit Vehemenz. Doch nach und nach schuf die Bundesbahn Tatsachen, die auf die Stillegung hinwirkten: zum Sommerfahrplan 1975 wurde der Verkehr auch an Samstagen aufgegeben und zu fast jedem Fahrplanwechsel entfielen Züge, während gleichzeitig die parallel verlaufende Buslinie Angebotserweiterungen erfuhr.

Buchfahrplanauszug aus dem Jahr 1960
50er des Bw Kaiserslautern machten sich bis 1975 im Güterverkehr zwischen Enkenbach und Grünstadt verdient.
Buchfahrplanauszug von 1960

Am 30.1.1976 ordnete schließlich das Bundesministerium für Verkehr per Erlaß die dauernde Einstellung des Reisezugbetriebs zwischen Grünstadt und Enkenbach zum 29.1.1976 an. Die letzten Züge, mit Zweigen und Aufschriften "festlich" geschmückte Triebwagen der Reihe 515, wurden unter großer Anteilnahme der Bevölkerung aus dem Eisstal verabschiedet. Zum gleichen Zeitpunkt gab die DB entgegen allen Beteuerungen auch den planmäßigen Güterverkehr zwischen Eisenberg und Enkenbach auf, wo fortan nur noch ein Bedarfsgüterzug verkehren sollte. Alle Güter mußten somit wieder, wie schon vor 1932, über Grünstadt abgefahren werden und damit zum Teil erhebliche Umwege nehmen. Die gesamte Strecke blieb dennoch voll im Unterhaltungsbestand, wobei das Verteidigungsministerium und die Nato der Bundesbahn die Unterhaltungskosten teilweise ersetzten und nur dadurch die Gesamtstillegung verhinderten.

Der Zugverkehr hatte spärliche Ausmaße angenommen. Zwischen Grünstadt und Eisenberg verkehrten noch vier Übergabegüterzüge. Im Abschnitt Eisenberg - Enkenbach konnte man nur noch außerplanmäßige Fahrten sehen, so beispielsweise Militärzüge mit besonders sperrigen Gütern, Sonderzüge für Reisegruppen, Schulen oder Eisenbahnfreunde und Dienstzüge, die der Streckenunterhaltung dienten. Weitere Rationalisierungsmaßnahmen wie die Aufhebung der Stationen Ramsen und Ebertsheim als Tarifpunkte des Güterverkehrs und der Rückbau von Gleisanlagen in Eisenberg (1986) folgten. Als das militärische Interesse an der Strecke gesunken war und der DB die Kosten für den Abschnitt Eisenberg - Enkenbach zu hoch wurden, stellte sie den Antrag auf Einstellung des Gesamtbetriebs in diesem Streckenteil. Die Stillegung erfolgte dann am 31.12.1988. An diesem Tag befuhr ein letztes Mal ein Schienenbus vom Typ Vt 95, wie er zwanzig Jahre lang im Eistal zuhause gewesen war, vollbesetzt mit über 100 Bahnfreunden die für ihre landschaftliche Schönheit weit über die Grenzen der Pfalz bekannt gewordene Bahn.
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Zustandsbeschreibung 1990

Dem Betrachter, der heute die Eistalbahn besucht, bietet sich das Bild eines Torsos dar. In Grünstadt ist die Ausfahrt in Richtung Enkenbach nur noch aus dem Güterbahnhof möglich, die Gleise an den traditionellen Eistal-Bahnsteigen 1 und 2 enden im Nichts. Die Bahnhofsgebäude entlang der Strecke sind bis auf das Eisenberger längst verkauft und zu Wohnhäusern umfunktioniert worden, wobei vor allem im Abzweig Ebertsheim und in Alsenborn starke Veränderungen an den Gebäuden daran erinnern, daß die Zeiten florierenden Personenverkehrs längst vorbei sind. Zweimal am Tag kommt montags bis freitags noch eine Rangierlok der Baureihe 290 nach Eisenberg, bringt morgens Wagen und holt sie nachmittags wieder ab. Ihre 1100 PS braucht sie dabei nie, denn selten hängen mehr als 15 Güterwagen am Zughaken. Das gleislose Schotterbett der 1990 zurückgebauten Strecke Ebertsheim Hettenleidelheim, überwucherte, verrostete Anschlußgleise, Industrieruinen und Fragmente von Feldbahnen erinnern an den vor kaum 20 Jahren noch so umfangreichen Güterverkehr. Der Rangieraufwand in Eisenberg wird immer geringer. Nur noch die Eisenberger Klebsandwerke und die Fa. Gienanth verladen regelmäßig auf die Bahn. Noch liegen die jährlichen Beförderungszahlen über der Grenze, unterhalb derer die DB die Einstellung des Betriebs anstrebt ...

Am Westende des Bahnhofs Eisenberg versperrt ein Prellbock den Weg nach Enkenbach. Seit Ende 1988 verrosten von hier ab 17,4 km Schienenstrang. Die Stürme des Frühjahrs 1990 haben ihre Spuren hinterlassen, einzelne Holzschwellen verfaulen. An einigen kleineren Betonbrücken sind Sanierungen fällig. Doch insgesamt ist die Bahn baulich in einem guten Zustand. Die Schienenprofile hielten noch zwanzig Jahre Zugverkehr aus, die großen Viadukte sind tragfähig wie eh und je und den Zustand des Stempelkopftunnels wünscht sich die DB für manchen ihrer noch in Betrieb befindlichen Tunnels. Würde bald genug begonnen, die kleinen Beschädigungen auszubessern bevor sie zu großen Schäden werden, könnte die Eistalbahn ohne allzu großen Aufwand wieder in Betrieb gehen und das bieten, was sie 44 Jahre lang geboten hat: eines der schönsten und interssantesten Bahnerlebnisse in der Pfalz.
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Die Entwicklung seit 1990

  • 1994 wird der Streckenabschnitt Grünstadt - Eisenberg als eine der ersten Strecken in Deutschland nach 18jähriger Stillegung für den Personenverkehr reaktiviert und in den Rheinland-Pfalz-Takt eingebunden
  • 1995 wird auch der Streckenabschnitt von Eisenberg nach Ramsen reaktiviert
  • 2001: im Sommer erfolgt die Verlängerung des Personenverkehrs bis zu einem neuen Hp Eiswoog, der östlich des Eistal-Viadukts angelegt wird.
    Der Güterverkehr wird eingestellt.
  • 2002: In Eisenberg wird wieder eine Kreuzungsmöglichkeit eingerichtet.

Quellen

Archiv der Bundesbahndirektion Saarbrücken, Abteilung Bautechnik
Archiv der Stadt Eisenberg, Aktenbestand 773-01
Archiv des Verfassers
Mühl, Albert: Die Pfalzbahn, Speyer 1982
Schreiner, Werner: Eistalbahn auf totem Gleis, Sonntag aktuell vom 1. Januar 1989
Spiess, Geourg: Die Eistalbahn, in: Nordpfälzer Geschichtsverein Nr. 3/1988
Sturm: Die pfälzische Eisenbahn, Speyer 1967
Wedemeyer, Burkhard: Die Familie Gienanth, Dissertationsschrift, Göttingen 1953
diverse Baureihen-Bücher aus dem EK-Verlag, Freiburg
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Diese Datei wurde erstellt von Volker Blees am 21.07.2005.
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